Wovon wir Journalist:innen viel zu wenig berichten: Wenn Artikel, in die wir viel Mühe gesteckt haben, nicht abgedruckt werden.
Dass heute wieder einmal etwas von mir erschienen ist, erinnert mich daran, wie lange zuvor nichts von mir erschienen ist in den so genannten überregionalen Qualitätsmedien. Dabei liegen alle Texte vor. Redakteur:innen führen alle möglichen sogar nachvollziehbaren Gründe an, warum es etwas länger dauert – kein Platz, keine Zeit zu redigieren – bloß hilft mir das auch nicht weiter. Ich lebe vom Erscheinen. Nicht nur des Geldes wegen. Jeder Artikel ist im besten Fall Werbung in eigener Sache. Außerdem nehme ich doch jede Wartezeit persönlich: Schätzt man meine Arbeit etwa nicht mehr?
Schlimmer, als darauf zu warten, dass etwas erscheint, ist allerdings zu erfahren, dass etwas doch nicht erscheinen wird. Ich schicke den Artikel ab, aber dann heißt es: Sorry, doch nicht, weil… Man liest zum Nicht-Erscheinen wenig auf Twitter, schließlich lassen sich nicht erschienene Artikel nicht posten. So müssen wir alle den Eindruck gewinnen, dass alle Artikel von allen anderen immer abgedruckt werden.
Im Auftrag des „Rolling Stone“ habe ich mal einen männlichen Pornodarsteller begleitet, zuhause besucht, bin mit ihm über die Pornomesse gegangen, aber dann wechselte das Magazin den Chefredakteur, der Neue wollte die Geschichte nicht mehr. Einfach so. Nachdem mehrere andere Medien auch nicht wollten, druckte die FAS sie schließlich doch ab, nachdem ich eine weitere Recherchereise zu einem Porno-Dreh unternommen hatte. Seitdem weiß ich: Wenn nichts mehr geht, traut sich immer noch die FAS (Ressort „Leben“ unter Bertram Eisenhauer).
Für das testosteron-getriebene Wirtschaftsmagazin Business Punk sollte ich 2013 Jahren über Alex Wright schreiben, den einzigen deutschen Wrestler geschrieben, der in den USA je Karriere gemacht hat. Er betrieb mittlerweile eine eigene Wrestling-Liga in der Nähe von Nürnberg in einem eher tristen Gewerbegebiet. Zweimal fuhr ich mit meinem Ford Focus durchs ganze Land, um ihn zu treffen. Dann war den Leuten vom Business Punk die Story nicht business-punkig genug. Die Geschichte handelte nicht von einem Gewinner, sondern von einem, der es ganz schön schwer hatte, in Deutschland ein Wrestling-Unternehmen aufzuziehen. Erschienen ist der Text zwar doch noch, aber bloß, weil ich ihn still und leise auf die Webseite meines damaligen Hauptauftraggebers setzte. Vermutlich haben den Artikel bis heute weniger als zehn Menschen gelesen.
Das Foto über diesem Eintrag hat Victoria Jung gemacht. Sie hat es für einen Artikel gemacht, der ebenfalls nicht erschienen ist. Das Foto deshalb auch nicht. Ich sollte für ein Medium aus sagen wir Hamburg, Berlin oder München über eine typische deutsche Imbissbude in Krefeld und deren Charaktere schreiben. Der Text stieß allerdings nicht so wirklich auf Gegenliebe, es war wohl einfach nicht genug passiert an dem Tag, als ich dort war. Mit Ablehnung muss ein Autor selbstverständlich immer rechnen, bloß behelligt mich dann gleich die große Frage: Kann ich überhaupt schreiben?
Erzählen wir also mehr vom Scheitern, und nicht bloß, um im Anschluss das aktuelle Gelingen abzufeiern.