Manchmal habe ich richtig Bock, einen Text zu schreiben. Dann kommt so was dabei heraus.
Ich habe eine Schwäche, die auch eine Stärke ist. Wenn immer mir jemand ein Thema vorschlägt, über das ich schreiben könnte, bin ich erst mal skeptisch. Ganz egal, wie gut der Vorschlag ist. Eine Schwäche ist es deshalb, weil viele meine Zurückhaltung als Ablehnung interpretieren und ich ein paar Stunden bis ein paar Tage brauche, um mich zu entscheiden. Eine Stärke, weil ich in dieser Zeit die miesen oder auch nur mittelmäßigen Ideen aussortiere.
Als Christian Herrendorf, mein guter Freund und Chefredakteur von Viernull.de, mir vorschlug, über Walter Schuhen zu schreiben, war ich sehr lange skeptisch. Da war also ein Typ, der auf jeder, also wirklich auf jeder halbwichtigen bis wichtigen Veranstaltung in Düsseldorf auftauchte, aber niemand wusste, was ihn dazu berechtigte. Christians Worten war zu entnehmen, dass Walter mit seiner Allgegenwart einigen Leuten gehörig auf die Nerven ging. Ich hatte noch nie von Walter Schuhen gehört, ich verkehre niemals auf halbwichtigen oder wichtigen Veranstaltungen in Düsseldorf. Also hielt ich ziemlich lange gar nichts von seiner Idee, diesen Kerl zu begleiten. Weil er aber ein guter Freund ist, kontaktiere ich Walter Schuhen, den ich schon bald nur noch Walter nannte, weil er mich nach fünf Minuten in unserem ersten Gespräch nur noch Sebastian nannte.
Das Gold war nicht in einer Mine versteckt oder in einem Fluss verstreut, Walter legte mir die Klumpen einfach auf den Tisch.
Was mich gleich einnahm, war, dass er überhaupt keinen Grund sah, mir irgendetwas nicht zu erzählen. Keinen Grund, sich auf irgendeine Art zu verstellen. Sicher, er präsentierte sich im besten Licht, aber genau das war ja Walter. Als er mir nach knapp einer halben Stunde ein bedrucktes Blatt Papier vorlegte, auf dem er auflistete, was er alles in und für Düsseldorf bewirkt hatte, wusste ich, dass hier Gold lagerte. Es war nicht in einer Mine versteckt oder in einem Fluss verstreut, er legte mir die Klumpen einfach auf den Tisch. Auf den drei Terminen, zu denen ich ihn begleitete, sollte sich das fortsetzen. Meine einzige Verantwortung bestand nun darin, seine Offenheit nicht auszunutzen. Ich wollte über Walter so schreiben, dass Leser:innen zu beiden Ergebnissen kommen konnten: Dass Walter einfach tierisch nervte oder dass Walter sich wahnsinnig tapfer mühte und mühte und damit – eher im Kleinen – auch etwas bewirkte.
Von allen Texten, die ich 2022 geschrieben habe, ist mir dieser der liebste. Bei den meisten Artikeln graut es mir vorm Schreiben, weil Schreiben einfach immer anstrengend und frustrierend ist und sieben Mal pro Stunde für Selbstzweifel sorgt. Hier freute ich mich schon aufs Schreiben.
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