In den Momenten, in denen ich Menschen wie ihn treffe, ist mein Beruf der schönste der Welt.
Journalist:innen unternehmen nach wie vor die unmöglichsten Verrenkungen, um nicht „ich“ schreiben zu müssen. Sie schreiben wechseln ins Passiv, schreiben „man“ oder gar „der Reporter“. Als ob die Verwendung des Wortes „ich“ den Text unseriöser, subjektiver machen würde. Das „ich“ macht nur transparent, wie subjektiv jeder Text, auch ein journalistischer, ist.
Ich hielt mich gar nicht lange mit der Frage, ob ich das „ich“ verwenden sollte, nachdem ich in Düsseldorf Helmut Müller getroffen hatte. Mehr als zwei Stunden lang hatte ich Ende November 2022 mit ihm in seiner Wäscherei gestanden, die der 72-Jährige wenige Wochen später schließen wollte, weil irgendwann auch mal gut war. An der leise brummenden Heißmangel erzählte er mir sein Leben, von seinen diversen Berufen, seinem Hobby, das Schlagzeugspielen, alles schön in meine Smartphone-Aufnahmefunktion. Hätte ich beschlossen, auf das „ich“ zu verzichten, hätte es den Eindruck gemacht, der Kerl würde Selbstgespräche führen. So aber sprach er mit mir, was die ganze Angelegenheit weitaus natürlich wirken ließ.
Helmut war keine Berühmtheit, nicht einmal in Düsseldorf bekannt, aber für die Leute, die seine Wäsche zu ihm brachten, war er ein Typ, eine Konstante, einer, der immer Lust hatte zu quatschen.
Ich liebe es, Geschichten wie die von Helmut zu erzählen (wir duzten uns natürlich nach vier Sekunden). Ich war der erste, der sie erzählte, vermutlich auch der letzte. Helmut war keine Berühmtheit, nicht einmal in Düsseldorf bekannt, aber für die Leute, die seine Wäsche zu ihm brachten, war er ein Typ, eine Konstante, einer, der immer Lust hatte zu quatschen. Alles überhaupt nicht spektakulär, aber menschlich, berührend, reichhaltig. Ich schrieb den Artikel erst mehr als drei Wochen später, aber Helmut war noch voll da.
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